EinfachSchweden Kiruna eine Stadt zieht um
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Als ich das erste Mal gehört habe, dass Kiruna, die nördlichste Stadt in Schweden, umziehen wird, dachte ich erst, ich hätte mich verhört. Beim näheren Nachfragen wieso und warum, kam mir ein Bild vom Wilden Westen in den Sinn. Alle Familien suchen ihr Hab und Gut zusammen, packen es auf Pferdewagen und machen sich dann geschlossen mit der ganzen Gemeinschaft auf den Weg.
So wird der Umzug von Kiruna natürlich nicht aussehen. Ein Ereignis ist es aber doch. Es gab schon Umzüge von Städten wie z.B. in Malmberg, ca. 100km von Kiruna entfernt. Dort wurden z.B. über Jahrzehnte Gebäude versetzt bzw. abgerissen. In Kiruna ist es aber anders. Der Umfang und das Tempo machen den Unterschied. Es muss zum Beispiel ein ganzes Stadtzentrum verlegt werden.

Die Hintergründe des Umzuges

Seit mehr als 100 Jahre gibt es die Eisenerzgrube bei/unter Kiruna, die größte der Welt. Hjalmar Lundbohm hat Kiruna 1900 mitten in der Wildnis, 145km nördlich vom Polarzirkel, gegründet. Seitdem leben die Stadt Kiruna und die Grube miteinander. Jeder in der Stadt hat irgendetwas mit der Grube zu tun. Sei es man arbeitet selber dort oder kennt jemanden, der das macht oder ist Zulieferer.

2003 musste der Grubenbetreiber LKAB mitteilen, dass die Risse unter der Stadt, wegen der Grubentätigkeit, sich viel schneller bildeten als erwartet. Deswegen hat sich die Stadt ein Jahr später auch dazu entschieden, dass ein Teil der Stadt umziehen muss. Denn Bergbau wird nicht unter Plätzen oder Orten betrieben, wo Menschen wohnen oder sich aufhalten wie z.B. im Stadtzentrum.

Was wird in Kiruna passieren?

Ungefähr ein Drittel der Stadt sind von der Grubenarbeit betroffen. Dazu gehört auch der gesamte Stadtkern. Deswegen wird das Zentrum drei Kilometer östlich vom heutigen Zentrum wieder aufgebaut. Wohngebiete werden in verschiedenen Teilen von Kiruna neuerrichtet.

Betroffen von dem Umzug sind nicht nur ca. 6.000 Personen, die in dem Gebiet wohnen, sondern wie schon geschrieben auch öffentliche Gebäude wie die Kirche, Schwimm- und Sporthalle und das Rathaus.

Natürlich durften die Bewohner von Kiruna auch mitbestimmen, wie ihre Stadt künftig aussehen soll. Und sie entschieden sich für einen konzentrierten Stadtkern, der die Leute nicht nur sozial und intellektuell anspricht, sondern auch mit Geschäften und Restaurants belebt.

Der Mittelpunkt des neuen Zentrums wird der Marktplatz mit dem Rathaus, Kulturhaus und einem neuen Hotel sein. Vom Marktplatz aus erstrecken sich Straßen wie Finger in die umliegende Natur.
Außerdem soll auch der Weg zum nächsten Skigebiet nicht weiter als zwei Stadtviertel weit weg sein.

Der Plan sieht vor, dass das neue Stadtzentrum im Jahr 2022 fertig sein soll. Die Herausforderung dabei ist, dass alles gleichzeitig fertig gestellt wird. Denn kein Geschäft oder keine Einrichtung möchte alleine in dem neuen Viertel sein bzw. der letzte, der das alte Zentrum verlässt.

Und was geschieht mit den alten Gebäuden?

Sehr viele Gebäude werden neu erbaut und man hat die Chance neue und moderne Techniken zu verwenden. Unter anderem schaut man sich das Fernwärmesystem genauer und unter neuen Aspekten an. Zu den neugebauten Gebäuden gehören das neue Rathaus, der Bahnhof, das Reisezentrum oder viel Wohnungen und Geschäfte. Aber auch das Kulturerbe wird geschützt. So werden z.B. 21 alte Gebäude, teilweise aus der Gründungszeit, von den alten Plätzen an die neuen umgesetzt. Die Kosten dafür trägt der Grubenbetreiber LKAB.

Wie so etwas aussieht, kannst Du Dir in diesem Video ansehen. Hier kannst Du verfolgen, wie das bisher größte Haus versetzt wird. LKABs Ingenieursvilla wiegt 280t und wird an den neuen Platz transportiert. Natürlich stehen auch viele Schaulustige am Wegesrand um das Ereignis mitzuerleben. Die Villa wurde 1900 erbaut und ist eines von 8 Kulturhäusern, die umgesetzt werden.

Wie der Umzug weitergeht, können wir noch bis mindestens in das Jahr 2035 verfolgen. Erst dann wird der Umzug abgeschlossen sein.

Als Abschluss noch ein paar statistische Zahlen:

Betroffen sind:

  • 6.000 Personen
  • 3.000 Wohnstätten
  • 450.000m² Wohn- und Lokalfläche

Davon

  • 175 Villen
  • 14 Dauerwohnrechtsvereinigungen
  • 895 Dauerwohnrechte
  • 1424 Mietwohnungen
  • 160 Unternehmen
  • 5 Hotels
  • 1 Gymnasium
  • 1 Krankenhaus
  • 1 Sporthalle
  • 1 Kirche